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Räum- und Streupflichten einer Eigentümergemeinschaft

Eine Räum- und Streupflicht besteht immer dann, wenn eine konkrete Gefahrenlage durch Glättebildung oder Schneebelag besteht. Sie besteht nicht, wenn nur einzelne glatte Stellen vorliegen, es muss sich um eine allgemeine Glätte handeln (BGH, Urteil v. 12.6.2012, VI ZR 138/11, NZM 2012 S. 650). Der Umfang der Räum- und Streupflicht richtet sich nach dem konkreten Einzelfall. Die Verkehrssicherungspflicht liegt grundsätzlich bei der Eigentümergemeinschaft, diese kann aber auf Dritte übertragen werden, beispielsweise den Hausmeister oder einen Winterdienst.

Welche Bereiche müssen geräumt werden?

Der öffentliche Bürgersteig im Bereich des Gemeinschaftseigentums ist ebenfalls von der Räum- und Streupflicht umfasst. Hier gelten die örtlichen Gemeindesatzungen. Diese gelten als Schutzgesetze im Sinne von §823 Abs. 2 BGB. 

Wie Umfangreich ist die Räum- und Streupflicht umzusetzen?

  • Es ist nicht erforderlich, dass Gehwege in ihrer ganzen Breite geräumt oder bestreut werden müssen. Es ist ausreichend, wenn ein Streifen frei ist, der breit genug ist, dass sich zwei Fußgänger begegnen können. Hierfür ist eine Breite von 1m bis 1,20m erforderlich (BGH, Urteil v. 9.10.2003, III ZR 8/03, NZM 2003 S. 958).

  • Die Erwartung, bei winterlichen Witterungsverhältnissen ordnungsgemäß geräumte oder bestreute Wege vorzufinden, enthebt auch den Fußgänger nicht der Verpflichtung, sorgfältiger als sonst seines Weges zu gehen (BGH, Urteil v. 9.10.2003, a. a. O.).

  • Der Gehwegrand an der Fahrbahn ist, soweit er sich nicht im Bereich von Fernsprechzellen, Notrufsäulen, Aufzügen, Briefkästen und Parkautomaten befindet, grundsätzlich nicht von Schnee und Eis zu befreien, vielmehr sollten gerade hier Schnee- und Eismengen aufgehäuft werden (LG Berlin, Urteil v. 16.7.2015, 10 O 211/14).

Ist die Übertragung der Verkehrssicherheit auf den Hausmeister zulässig?

Die Verkehrssicherungspflichten der Eigentümergemeinschaft können auf einzelne oder Dritte übertragen werden (BGH v. 17.1.1989, VI ZR 186/88, NJW-RR 1989 S. 394; OLG Oldenburg, Urteil v. 13.2.2014, 1 U 77/13, NZM 2014 S. 591). Die beauftragte Person tritt somit in die Verkehrssicherungspflicht der Gemeinschaft ein – wird also verkehrssicherungspflichtig für die Gemeinschaft. Die Pflicht der Eigentümergemeinschaft reduziert sich somit auf Kontroll- und Überwachungspflichten (BGH, a. a. O.; OLG Oldenburg, a. a. O). Hierfür ist eine stichprobenartige Kontrolle ausreichend (AG Hamburg-Wandsbek v. 4.9.2012, 716b C 53/12, ZMR 2013 S. 76).